Skip to main content

Im letzten Artikel dieser Serie habe ich behauptet, Sie könnten sowohl auf religiösen als auch auf profanen Wegen in die Mitte Ihrer Existenz gelangen. Ich habe weiterhin orakelt, dass Sie auf diesen Wegen zwar in die Mitte Ihrer Existenz gelangen, aber dummerweise nur über den Balanceakt auf gefährlichen Graten und durch den Sprung in bedrohliche Abgründe. Und ich möchte noch einmal wiederholen, was ich abschließend behauptet habe: Sie können diesem Grat und diesem Abgrund auf keine Weise entkommen! Und glauben Sie mir: Das ist eine wundervolle Neuigkeit.

Sie können die Wege der Individuation und Transzendenz meiden. Sie können in der Gegend herumrennen und sich mit Überlegenheitsgefühlen, Reichtum sowie Bequemlichkeit für Ihren Mangel an echter Lebendigkeit entschädigen. Sie können sich vor dem Leben verschanzen, sich selbst und Ihre Träume verraten und sich mit allem möglichen aus Ihrem Körper, aus dem Kontakt mit der Wirklichkeit und aus wahrhaftiger Begegnung mit Ihren Mitmenschen hinauskatapultieren.

Egal was Sie tun und egal wie lange Sie diesen Moment hinausschieben: Das Leben wartet in jedem Augenblick wohlwollend auf Sie (auch wenn dieses Wohlwollen mitunter recht zünftige Züge annehmen kann…), mit einem freundlichen Finger, der zum Abgrund weist und einem heiteren Lied, das nur eine einzige Strophe kennt: “Spring!”

Sie glauben vielleicht, es sei egal, wann Sie sich dieser Absprungplattform zuwenden, aber es ist ganz anders. Wenn Sie sich aktiv auf die Reise begeben, welche zu diesem Abgrund führt, wenn Sie sich bewusst und mutig in diesen Abgrund stürzen und gefühlt alles aufs Spiel setzen, was Ihnen lieb und heilig ist, dann finden Sie sofort und direkt in die tiefste Geborgenheit, welche das Leben bereit hält. Ausgehend davon leben Sie ein neues, erfülltes und reiches Leben.

Wenn Sie sich aktiv darum bemühen, in Ihre Mitte zu kommen und bereit sind, sich irgendwann in den vermeintlichen Abgrund zu stürzen – die ganze existenzielle Reise findet sich übrigens sehr schön inszeniert in“The Game” mit Michael Douglas – dann tragen Sie damit nicht nur zu Ihrem eigenen Glück bei, sondern zu einem friedlichen Miteinander, zu lebenswerter Menschlichkeit und zum heilsamen Umgang mit Dingen und unserer natürlichen Umwelt.

Spirituelle Pfade und religiöse Wege wollten und wollen Ihnen einen Weg aufzeigen, wie Sie zu sich kommen können. Auch wenn Sie sich von religiöser Sprache, religiöser Gedanken- und Bilderwelt abwenden, selbst wenn Sie sich an Riten und Formen stören oder aus anderen Gründen Abstand zu religiöser Kultur halten, bleibt diese Forderung des Lebens zu allen Zeiten bestehen:

Sie sollen immer weiter in Ihre Mitte und damit in die Mitte des Lebens kommen.

Sie können versuchen, sich dieser Forderung auf unzählige Weisen zu entziehen, aber – und das ist einer der springenden und wichtigen Punkte, die es zu beachten gilt – die meisten dieser Wege führen zu subtilen, mittelmäßigen oder massiven Formen von Lärm, Dissonanz mit der Umwelt, (Selbst)Zerstörung und (Selbst)Ausbeutung. Sie führen zum Verrat Ihrer Menschlichkeit, zu zunehmender Lähmung Ihrer Lebendigkeit und damit zu innerer Verarmung und Leere.

Wenn Sie sich aufrichtig und mutig darum bemühen, in Ihre Mitte zu kommen, dann verschwinden diese Phänomene nicht ganz, aber Sie bewegen sich in die entgegengesetzte Richtung. Dann tragen Sie zu mehr Stille, Wohlklang, Resonanz mit Dingen und Natur bei. Dann leben Sie respektvoller, mitfühlender, leichter, humorvoller und in erfüllender Verbindung mit Ihrer tiefen, vibrierenden Vitalität.

Wie zeigt sich diese Entwicklung auf dem Weg in die Mitte? Außergewöhnliche Lebensumstände, besondere Bedingungen und außergewöhnliche Accessoires behalten einen spielerischen, manchmal sportlichen Reiz. Aber Sie interessieren sich viel mehr für die Frage, wie Sie Ihre Produktivität ausgehend von den gegenwärtigen Lebensumständen entfalten können, um die Welt menschlicher, schöner und lebenswerter zu machen.

Die Werkzeuge, die Sie dafür brauchen, liegen ebenso herum wie das Material. Was Sie wirklich brauchen, entdecken und entwickeln Sie im Kontakt mit den Menschen, die Sie auf Ihrem Weg treffen und begleiten: Gestaltungskraft, Witz und Improvisationstalent.

Sie finden noch Spaß an gesellschaftlichen Rollenspielen, betüddeln vielleicht Ihre “Untergebenen” und provozieren respektvoll respektlos Ihre “Vorgesetzten”. Sie lassen sich vielleicht hier und da in einen besonderen Stand heben, um im nächsten Moment wieder vom Sockel und in die Arme Ihrer Nächsten zu stolpern. Sie werfen sich die üppigen und huldvollen Dekorationen profaner und religiöser Couleur vielleicht noch über aus spielerischer Freude an Ästhetik und Maskerade.

Aber im Grunde wollen Sie auf ganz eigenwillige Weise, ans Leben angeschmiegt und in Augenhöhe mit den Menschen um Sie herum an der Evolution des Lebens teilhaben. Sie wollen Ihre Geschenke mit den anderen teilen, weil das viel mehr Freude bereitet, als diese zu horten und in der Gegend herumzuschleppen. Und Sie freuen sich über all das, was Ihnen Mitmenschen großzügig und freudig überlassen.

Sie wundern sich vielleicht über das Gerenne der anderen auf der Suche nach einer wundervollen Zukunft. Sie fragen sich, nach welcher wundervoll verklärten Vergangenheit sich manche Ihrer Mitmenschen sehnen. Sie fragen sich vielleicht hier und da, was es überhaupt mit diesem komischen Konzept der Zeit auf sich hat, an dem sich alle so angestrengt abmühen. Manchmal spielen Sie immer noch den im rauhen Wasser der Gegenwart Ertrinkenden, strampeln wild mit Armen und Beinen, so, als glaubten Sie tatsächlich, Sie könnten ertrinken.

In der Tiefe aber bewegen Sie sich mit heiterer Ruhe und schelmischer Freude auf den Wellen der Gegenwart wie die Surfer auf dem Wasser. Der Spaß und die Freude liegen nicht mehr darin, so schnell wie möglich ans Ufer zu gelangen oder möglichst lange und ängstlich am Ufer zu verharren.

Die größte Freude liegt darin, so lange und so virtuos wie möglich auf dem Wellenkamm zu bleiben, manchmal von einer Welle ins Wasser gefegt zu werden (am Anfang fühlt sich das lebensbedrohlich an, Sie erinnern sich?), um dann schnell wieder aufs Brett zu steigen und von Neuem zu beginnen.

Wie finden Sie diesen Ort heiterer Gegenwärtigkeit? Sie müssen sich um das kümmern, was aus den Religionen hervorgegangen und in die humanistische Moderne Eingang gefunden hat. Sie müssen sich mit dem auseinandersetzen, was auf Heilungs-, Befreiungs- und Erkenntniswegen freigelegt und festgehalten wurde.

Sie müssen selbstverantwortlich in Beschlag nehmen, zusammenbasteln und weiterentwickeln, was die spirituellen Kulturen und Religionen der Menschheitsgeschichte, die Geisteswissenschaften sowie alte und moderne Heilungskünste über die Jahrtausende entdeckt, ausgearbeitet und zur Verfügung gestellt haben. All dies liegt heute ausgebreitet vor Ihnen in den weiten, an der Oberfläche und in der Tiefe verbundenen Kulturlandschaften der globalisierten Moderne.

Ich habe eine Auswahl getroffen. Dieser strukturierten Auswahl zufolge müssen Sie sich um einiges kümmern. Aber es genügt, wenn Sie mit einem Aspekt beginnen, oder besser formuliert: Fangen Sie am besten jetzt mit einem Aspekt an!

Sie müssen sich um die Grundlagen kümmern:

  • Sie müssen sich mit existenziellen Prinzipien auseinandersetzen und diese anerkennen.
  • Sie müssen hilfreiche Haltungen entwickeln, die Ihnen erlauben im Einklang mit den existenziellen Prinzipien zu sein.
  • Sie müssen übergreifende Fähigkeiten entwickeln, die Ihnen ermöglichen im Einklang mit den existenziellen Prinzipien zu handeln.

Sie müssen sich produktiv um sich selbst kümmern:

  • Sie müssen lernen in innigem, wohlwollendem Kontakt mit sich selbst zu leben und dieses Leben zu genießen.
  • Sie müssen lernen, in spannender Resonanz mit Dingen, Natur und Mitmenschen durchs Leben zu navigieren.
  • Sie müssen durchlässig werden, damit die Lebensenergie freier, heilsamer und intensiver durch Sie hindurch wirken kann.

Sie müssen sich produktiv um Ihre Aufgaben und wesentlichen Projekte kümmern:

  • Sie müssen lernen, Ihre Visionen und wesentlichen Ideen zu kultivieren.
  • Sie müssen lernen, wesentliche Aufgaben effektiv zu erledigen.
  • Sie müssen lernen über Projekte zu verwirklichen, was durch Sie ins Leben kommen will.

Sie müssen sich produktiv um Ihre Mitmenschen kümmern:

  • Sie müssen lernen, Beziehungen auf angemessene Weise aufzubauen und sich auf inspirierende, heilsame und beglückende Beziehung einzulassen.
  • Sie müssen lernen, Beziehungen zu pflegen, Respekt vor der Vielseitigkeit zu entwickeln und wechselseitiges Verständnis zu fördern.
  • Sie müssen lernen, Ihre Geschenke auf heilsame, wertschätzende und großzügige Weise mit anderen zu teilen und die Geschenke der anderen, auch die unbequemen, auf dankbare Weise anzunehmen.

Es ist schnurz, ob Sie Religion brauchen oder nicht! Tatsächlich ist es vollkommen egal, wo und wie genau Sie mit diesen Aufgaben umgehen. Es ist vollkommen schnurz, ob Sie dafür die Vorstellung eines Gottes, einer höheren Kraft oder einer kosmischen Ordnung brauchen oder nicht. Es ist auch vollkommen egal, bei welchem Namen Sie Ihre Götter oder Ihren Gott anrufen, wenn Sie denn einen brauchen. Es ist nicht wichtig, ob Sie Gesänge, heilige Orte, bestimmte Rituale und Übungen, Gewänder und Utensilien, Lehrer und heilige Meister brauchen oder ob Sie ohne all dies auskommen.

Dreierlei aber ist von grundlegender Wichtigkeit:

  1. Sie müssen sich mit Hingabe Ihrer Individuation, der Entwicklung Ihrer Potentiale und der respektvollen Gestaltung dieser Welt widmen.
  2. Sie müssen Ihre innige und alles umfassende Verbindung mit Dingen, Natur und Mitmenschen immer tiefer realisieren und offenbaren.
  3. Sie müssen entschlossen, mutig und tatkräftig die Verantwortung für diesen doppelten Prozess individueller Reifung und kollektiver, menschlicher Evolution zwischen Alleinsein und Alleinssein übernehmen.

Ob Sie sich innerhalb einer traditionellen Religion oder eines spirituellen Weges verorten und bewegen oder außerhalb, Ihre tiefe menschliche Berufung bleibt immer die gleiche: Nicht ein Heiliger unter Heiligen zu werden, sondern ein Mensch unter Menschen. Niemand hat das so schön, direkt und humorvoll gesagt, wie Konrad Lorenz:

Der Übergang vom Affen zum Menschen, das sind wir.

Wenn Sie heute, ausgestattet mit großer Wahlfreiheit, zu dem Schluss kommen, dass Sie religiöse Formen, Rituale und Institutionen hinter sich lassen sollten oder dies bereits getan haben, dann sind Sie vielleicht einen wichtigen Teil des für Sie und die Menschheit wesentlichen Weges gegangen, welchen die Ökumene wahrscheinlich kaum bewältigen kann.

Vielleicht war das eine nächste, wesentliche Befreiung von Entfremdung und Selbstverrat. Wahrscheinlich die kurze Anfangsstrecke eines Weges, dem Sie immer mutiger, eigensinniger und selbstbewusster folgen müssen, wenn Sie glücklich, gelassen und produktiv leben wollen.

Es gibt viele Menschen, Orte und Worte, die Sie unterstützen, diesem wilden und immer neuen Weg in jener Freiheit zu folgen, welche die Treue zum Leben an erste Stelle setzt. Einer dieser Menschen bin ich. Einer dieser Orte ist dieser Blog, ist die Webseite und sind die Angebote, welche Sie hier finden.

Aber begnügen Sie sich nicht damit! Schauen Sie sich um! Das weltumspannende Netz an Menschen, Orten und Worten, die der Menschlichkeit dienen, ist groß, bereichernd und befreiend. Lassen Sie sich einfangen!

Nehmen Sie all das in Ihr Leben auf, was Sie leichter, glücklicher und menschlicher leben, handeln und genießen lässt!

Weitere Artikel in dieser Serie

Mista Lazy Moe

Author Mista Lazy Moe

More posts by Mista Lazy Moe

Leave a Reply