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Engagiertes Zappeln, aka falsch verstandene Potentialentwicklung, unterdrückte Spiritualität und fehlende Leichtigkeit

Spirituelle Verwirrung konnte ich, entgegen meiner ursprünglichen Annahme, nicht mehr für den Sturm in mir verantwortlich machen. Zumindest hatte das eifrige Ringen um spirituelle Klarheit wenig Linderung gebracht. Also legte ich das Thema vorläufig zu den Akten.

Mit dem Thema “Potentialentwicklung” hatte ich mich im Laufe meiner Weiterbildung zum Coach und Organisationsberater beschäftigt. Da lag es nahe, mich im Folgenden an diesem Thema abzuarbeiten.

Angereichert mit Themen wie

  • Hochbegabung,
  • Aufmerksamkeitsdefizitstörung und
  • kreativer Vielseitigkeit,

die ich gerade erschloss, hatte ich mir ein neues Selbstbild mit Erlösungsoption geschaffen:

Kreativer Tausendsassa, der seine überschäumende Energie nur in tolle Projekte investieren musste, damit endlich alles gut würde.

Und auch der kam brauchbar an. Die Potentialentwicklung wurde neues Mittel zum Zweck, welches meine spirituellen Rettungsversuche ablöste. Die Potentiale standen weniger im Mittelpunkt, als der Versuch über ausdauernden Aktivismus einen inneren Wetterumschwung zu initiieren oder vermeintlich überschüssige Energie kreativ abzufackeln.

Es fällt mir schwer, für diese Phase einen anderen Begriff zu finden, als “engagiertes Zappeln”.

Die junge Familie ernähren und vibrieren

Unter dem Vorwand, meine junge Familie ernähren zu müssen und die Anfangshürden der Selbständigkeit meistern zu wollen, bewegte ich mich in fünfzehn Richtungen gleichzeitig. Wie zuvor im Zen legte ich ein hohes ehrenamtliches Engagement an den Tag, das mich einerseits mit relevanten Kontakten an einem neuen Ort versorgen sollte und andererseits mit ausreichend “Entfaltungsmöglichkeiten”, um mich selbst (und andere) auf Trab zu halten.

Strategiewochenenden, Vorstandssitzungen, Großgruppenkonferenzen und ein grenzüberschreitender Businessclub, der regelmäßig Vorträge mit nachfolgender Party verband, hatte ich allein im Ehrenamt im Programm. Daneben programmierte ich Webseiten und kleine Webapplikationen, coachte Unternehmer, Manager und andere Entwicklungsinteressierte, gab Seminare zu vielfältigen Themen, tummelte mich intensiv in den aufkommenden sozialen Netzwerken, schrieb einen Blog, der es damals in die Liste der wichtigsten 100 Deutschen Blogs auf der Karrierebibel-Seite schaffte und hatte eine Vielzahl unterschiedlicher thematischer und methodischer Projekte parallel am Start.

Romanprojekte kamen dazu und Gedichtbände, die als Gemeinschaftswerk virtuell verdrahteter Vielbegabter entstehen sollten sowie ein Zusammenschluss von Ideen- und Gedankengeplagten zu einem Innovationsbeschleuniger für den Mittelstand. Ich fand über ein Forum zu einem genialen, aber etwas trübseligen Wissenschaftler, der eine interessante Innovation entwickelt hatte und führte in der Folge virtuelle Gespräche mit Risikokapitalgebern an der amerikanischen Westküste und diesseits des Atlantiks. Ein tolles Gelände, um mich beschäftigt zu halten, von zukünftigem Reichtum zu träumen und das Wesentliche der Gegenwart ausdauernd auszublenden:

Ich war ein Getriebener, der keine Ahnung hatte, was wesentlich war und versuchte, mit dem Kopf zu entscheiden, was nur Herz und Bauch wissen konnten.

Doch die konnten mir nicht weiter helfen, denn der Zugang zu diesen war durch meinen inneren Sturm und zugehörige Untergangsabwendungsaktivitäten verbaut.

Erschöpfung

Doch nach und nach erschöpfte ich mich in dem ganzen Gezappel und es wurde klar, wie sehr ich aus den Augen verloren hatte, was wesentlich war, während ich weder eine wesentliche Stabilisierung unserer finanziellen, noch meiner inneren Situation bewirken konnte. Einmal mehr hatte ich gefühlt aufs falsche Pferd gesetzt, konnte mein Gezappel allmählich als solches begreifen und war am gefühlten Ende meiner Möglichkeiten angekommen.

Eine sehr bedrohliche Situation für jemanden, der sich so intensiv um Lösungen bemüht hatte und dabei doch meist mit einem beschäftigt gewesen war: Flucht.

Ein japanischer Zen-Mönch meiner Tradition, Dainin Katagiri Roshi, schreibt in seinem Buch “Rückkehr zur Stille”:

“Freiheit finden wir dort, wo wir uns keinen Millimeter mehr bewegen können.”

Diese Worte wirkten auf mich vielmehr wie eine Drohung, denn Aussicht auf Erlösung. Doch mit dieser Befürchtung irrte ich mich.

Oh, da kommt ein Hauch von Ausblick auf Erlösung auf. Pathos-schwanger, wie es sich für “Memoiren” im mittleren Alter gehört. Und da Zappeln ja schon mal im Titel steht, wird es langsam Zeit: Plug in your headphones or turn on your speakers. It’s Cosculluela Feat Nicky Jam – Te Busco …

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Danke an Tom Hoffmann (auch) für die Bilderserie (aus ziemlich wilden Zeiten …)

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Mista Lazy Moe

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