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“Verzettelung macht den Menschen unglücklich, aggressiv, zerfahren und dumm, wohingegen der Zustand des Flows, also die tiefe und kreative Konzentration auf eine Sache (sei es Briefeschreiben oder Autoreparieren), ihn glücklich und zufrieden aus den Tiefen des Ichs auftauchen lässt – so etwa könnte man eine Haupterkenntnis der Glücksforschung zusammenfassen.”

Solches lesen wir (Alder, du liest doch gar keine Zeitung. Bist du voll daneben, oder so?) in der neuesten Ausgabe des ZEITmagazins. Ehrfurchtgebietend. Kniefall!


 

Das ZEITmagazin nervt! Es ist ein schreckliches Nachgeplapper. (Ey, Alder, reg dich ab! Hast es doch gar nicht gelesen. Nur den kleinen Auszug. Peinlich, peinlich, diese oberflächliche Recherche. Medialer Hanswurst …)

Irgendjemand forscht etwas, entwickelt sich zur Koryphäe auf seinem Gebiet, landet auf dem Altar fachjournalistischer Dauerreferenz und seine Text- und weiteren Medienerzeugnisse werden zur heiligen Wahrheit für Trainer, Berater, Therapeuten und Vortragsredner.

In direkter Konsequenz wird die neue Wahrheit zum Managementkonzept hochstilisiert, das über Personal- und Führungskräfteentwicklung Einzug in die allgemeine Unternehmensgestaltung findet. Gemeinden bilden sich, scharen sich um den gemeinsamen Kanon und entwickeln allgemein anerkannte oder irgendwie zertifizierte Prozess- und Sprachrituale.

Wieso eigene Gedanken denken, wenn ein kühner Geist vor dreißig Jahren eine Theorie aufgestellt hat, die alle als letzten Wurf in der Angelegenheit handeln?

Wieso eine eigene Position entwickeln, wenn man sich in ein gemütliches Grüppchen mit all jenen eingliedern kann, die die ursprüngliche Theorie unhinterfragt in ihr Repertorie übernehmen wie der Konzertpianist ein Stück von Rachmaninov oder die millionste Coverband “Knocking on heavens door”, statt eigene Stücke zu schreiben?

Der Flowbegriff nach Csikszentmihaly

Es gibt den Flow der Glücksforschung, der mit Selbstvergessen, aber auch starker Fokussierung auf einen isolierten Gegenstand einhergeht … Die Arbeit von Csikszentmihaly beschäftigt sich umfassend damit. Diesen Flow nenne ich Tunnel- oder autistischen Flow.

Radfahrer haben diesen, wenn sie an einer Familie mit Kleinkindern vorüberrauschen und jedes Gefühl dafür verloren haben, welches Risiko ihrem Handeln innewohnt. Oder einfach, wenn sie in eisiger Coolness starr vor sich hinblicken, unfähig, einen Gruß zu erwidern.

Ich konnte einen Unfall mit zwei Autos neulich nur verhindern, weil ich voll in die Bremsen griff, während mir mein Hinterrad auf Ohrhöhe begegnete.

Ich war so aufgepumpt mit am Berg erzeugten Endorphinen und so selbstvergessen in meinem Downhillradelrausch, dass ich jedes Gefühl für die größeren Zusammenhänge verloren hatte.

Als Kind bin ich nach einem Kinobesuch völlig selbstvergessen in ein Auto gelaufen – auch so ein Flow.

Verrückte Drängler bei 230 km/h auf einer voll befahrenen Autobahn sind in diesem Flow. Heute stand ich am Grab eines ehemaligen Mitschülers, der sich mit 27 Jahren und 200 km/h von der Autobahn erst in die Flora und dann ins Jenseits katapultiert hat.

Manische Unternehmer, die sich in ihrem Macherwahn auf Monsterziele fokussieren und die Schar ihrer Mitarbeiter egogefällig auspressen wie der Limonadenmacher die Zitrusfrucht, wenn die Temperaturen nicht fallen und keine neuen Früchte geliefert werden – im Zweifelsfall tut es auch die Schale – die sind auch in diesem Flow.

Herzchirurgen, Rettungssanitäter und Kriegsberichterstatter immer auf dem Grat zwischen Leben und Tod, zwischen menschlichem Versagen und übermenschlicher Heldenhaftigkeit gehen ihrem Beruf mindestens ebenso gerne nach, weil sie Menschen und der Gesellschaft helfen wollen, wie sie den Rausch brauchen, um sich selbst nicht spüren zu müssen.

Ein Zen-Mönch kommt in diesen Flow, in einer Gruppe von schweigenden Menschen, die sich ebenso intensiv nach innen auf Atmung und Körper konzentrieren wie er, wenn die Knie und der Rücken so richtig weh tun, der Geist Amok läuft und der Schlafentzug die Grenzzonen zum Halluzinieren erreicht.

Mancher Schriftsteller und Blogger findet diese Form des Flows bei seinen mentalen Exzessen im Elfenbeinturm. Er saugt sich so aus seinem Körper in Kopf und Finger, dass alle unbequemen Gefühle und Befindlichkeiten abgeschaltet werden. Wenn diese sich in den Schreibpausen dann zurückmelden kann man ja rauchen, literweise Kaffee gurgeln oder ganz traditionell den kreativen Flow mit Alkohol verlängern.

Tunnelflow ist teuer

Es ist wahr. Es gibt diesen Flow. Und es ist sicher auch wahr und nachvollziehbar, dass Extremkletterer, Herzchirurgen und all die anderen, welche in Csikszentmihalys ursprünglicher Forschung in den Grenzmomenten ihre Glückseligkeit zu Protokoll gaben, diese Momente als echte Glücksmomente empfunden haben.

Aber diese Momente sind die absolute Ausnahme. Und, was vielleicht noch wichtiger ist, sie machen hungriger und kaum nachhaltig satt. Sie unterscheiden sich nur in der Herkunft des Rausches von den Glücksmomenten des Junkies.

Selbstdisziplin, echte Anstrengung und Ausdauer, welche bei uns Deutschen so hoch im Kurs stehen, sind Voraussetzung für die beschriebene Form des Flows. In der Konsequenz ist die Suchtdynamik weniger intensiv. Sie wird durch echte Selbstwirksamkeitserfahrungen, soziale Anerkennung und echte Schmerzen in der Ausübung der jeweiligen Kunst massiv abgebremst und eingefangen.

Im Zweifelsfall durch einen Burnout. Dieser genießt mittlerweile einen hohen gesellschaftlichen Status als Ort der inneren Umkehr, Besinnung und wesentlicher Neuorientierung. Vor dem Burnout zappelt man eifrig in den Spuren ambitionierten Selbstvergessens.

Geadelt durch den Zusammenbruch darf sich der Leistungsflowselbstvergesser dann endlich nachhaltigeren und, so Gott will, erfüllenderen Glückspfaden zuwenden …

Wir brauchen Hirnforscher, Kriegsberichterstatter, Rettungssanitäter, Intenisvpfleger, Feuerwehrmänner und Schriftsteller. Deren Peakerfahrungen in eine allgemeingültige Lehre des Glücks umzumünzen halte ich aber gelinde gesagt für irreführend …

Es ist allenfalls die Lehre vom durch eigene Anstrengung hervorgebrachten Rauschs im Rahmen von zum Teil sozial und kulturell wichtigen Aktivitäten.

Ein alternativer Flowbegriff …

Es gibt einen anderen, komplexeren Flow, der Verzettelung, Blockade, Verwirrung und Desorientierung einzuschließen vermag …

Ein offener, verbundener Flow, indem der Mensch sich selbst vergisst und doch die Verbindung zur Peripherie seiner Wahrnehmung aufrecht erhält …

Ein Flow mit weniger Rauschqualität. Ein Flow, bei welchem das Schmerzempfinden aktiv bleibt, die Endorphine also auf einigermaßen normalem Niveau, die Empfindungsfähigkeit differenziert und die Frequenz von Dissonanzerfahrungen in einem normal hohen Spektrum.

Hier bleiben Denken und Wahrnehmung insgesamt offen. Achtsamkeit, Beweglichkeit und spontaner Selbstausdruck treten an die Stelle kühler, eng fokussierter Ego-Aktivität.

Kontinuierliche Resonanz- und Rückmeldungsschleifen über ein breites Spektrum von Erfahrungs- und Tätigkeitsfeldern führen zur Auflösung von Widerstand, Komplikation und trotziger Bockigkeit angesichts der Rumpelpiste, auf welche uns das Leben ruft und auf welcher es uns allzu oft wenig zimperlich vorwärts schleift.

Abgefahrener Alltagsflow, Alder

Nach und nach hören wir auf dieser Piste auf, das helle und strahlende Glück oder die weite Transzendenz unserer Sternstunden zum Maßstab eines glücklichen Lebens zu machen. Wir finden eine neue Qualität von Selbstvergessen, die ohne massive Spannung, abgefahrene Grenzerfahrungen auf einem besonderen Terrain oder völliges Vertiefen ins unsere Lieblingsaktivitäten auskommt.

  • Wir vergessen uns selbst, während wir mit unserer Frau und den Kindern streiten.
  • Wir vergessen uns selbst, während wir uns das Hirn über eine sinnvolle Geschäftsstrategie zermartern.
  • Wir vergessen uns selbst in der Entwicklung unseres Kontostands, der fällt wie eine Passagiermaschine im Landeanflug.
  • Wir vergessen uns selbst, in den inneren Spannungen, welche der Kontostand triggert, in verzettelten Rettungsinitiativen und im deprimierten Starren in die Leere.
  • Wir vergessen uns selbst mit der Bürste unter dem Toilettenrand.
  • Beim Zahnarzt, während die Zahnarzthelferin auch die ganz empfindlichen Stellen unter dem Zahnfleisch reinigt.
  • Wir vergessen uns selbst, während die Pfarrerin die Gebete für den Freund spricht, dessen lachendes Portrait neben dem aufgebahrten Sarg steht.
  • Und wir vergessen uns selbst, während wir vor diesem Bild stehen, die Tränen fließen und wir das letzte Mal grüßen mit der warmen, verschwitzten Hand auf dem kühlen Sargdeckel.

Und natürlich vergessen wir uns weiterhin in den vielen schönen Momenten, in welchen das Selbstvergessen oder anders formuliert, das Einssein mit dem Leben, sowieso ein Heimspiel war …

Den Flow im vermeintlich Alltäglichen und Unbequemen kultivieren …

Wir sind so sehnsüchtig geneigt, uns auf die Seite des totalen Selbstvergessens zu schlagen … Wir sind so voller Sehnsucht nach den Momenten des Glücksrausches, nach den Sternstunden, nach den Garanten wohligen Selbstvergessens …

Viele Menschen versäumen das kleine Glück, während Sie auf das große warten.
~ Pearl Buck

Und das kleine Glück gibt sich vielleicht an der Oberfläche gar nicht als solches zu erkennen. Und ist vielleicht ein viel größeres Glück, das uns eine ganz andere Lebensdimension eröffnet.

Ich propagiere den Flow, der alles mitnimmt, das sich hier und jetzt innen wie außen zeigt. Dessen fließende Qualität weniger aus der Fokussierung der Aufmerksamkeit auf einen isolierten Gegenstand resultiert, als vielmehr aus dem Anschmiegen an die Bewegung des Lebens selbst.

Das ist es, was ich meine, wenn ich davon spreche

All das können Sie als Marketing-Sprüche und Trainer-Gebrabbel abtun. Das ist Ihr gutes Recht.

Ich lade Sie ein, hinter das Gebrabbel zu blicken. Ich fordere Sie heraus, das Gebrabbel ernsthaft auf die Probe zu stellen, damit Sie herausfinden, ob es sich wirklich um Gebrabbel handelt oder um wesentliche Gedanken, die auf eine wundervoll unbequeme Spur führen.

Eine neue Orientierung etablieren …

Was bedeutet es, seine Potentiale gelassen zu entfalten? Intensiv und gelassen zu leben? Warum könnte es sinnvoll sein, eine Alternative zum Glück zu erwägen?

Das werden Sie nicht herausfinden, solange Sie sich mit dem hier oder sonstwo Vorgekauten zufrieden geben. Das werden Sie nicht herausfinden, indem Sie nachplappern, was ein Gescheiter irgendwann einmal gesagt hat.

Das finden Sie heraus, wenn Sie Ihre Suche nach berauschenden Glückserfahrungen und Ihre vermeintliche Sehnsucht nach abschließender Befreiung vom Schmerz des Lebens auf die Seite stellen und eine neue Orientierung in Ihrem Leben etablieren.

Es geht nicht darum, auf Teufel komm raus das Unbequeme zu suchen oder den Rausch zu meiden oder eine bestimmte Qualität von Flow oder Nicht-Flow zu kultivieren.

Es geht darum, dass Sie Ihrer Spur folgen. Es geht darum, dass Sie herausfinden, was es heißt, Ihrer Spur zu folgen.

Während Sie sich bemühen, dies herauszufinden, folgen Sie Ihrer Spur bereits. Während Sie herumstolpern, sich quälen, sich selbst und den anderen auf die Nerven gehen, sich ein anderes Leben und einfache Antworten wünschen, folgen Sie Ihrer Spur und dem tiefen Flow bereits, um den es auf diesen Seiten in jedem einzelnen Aspekt geht. Und auch sonst …

So genug gearbeitet. Plugin your headphones or turn up them speakers. Shake everything you’ve got …

Swing is the Vibe - Electro Swing with a Dance house Hip Hop Rap Video Edit

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