Stress ist ein ziemlich vager Begriff den wir im Alltag benutzen und wir machen uns nur so halb klar worum es da eigentlich geht.
Wir sprechen von Stress. Und, wenn wir von Stress sprechen, dann haben wir zwar einerseits quasi diese emotionale Situationen, die Verfassung in der wir uns befinden, die wir als belastend empfinden, aber damit sind wir häufig nur teilweise beschäftigt.
Wir schauen da gar nicht so genau hin, weil es sich so unangenehm anfühlt. Und, weil wir das gar nicht richtig fühlen wollen. Wir sind häufig schon in einem Modus, indem wir überwiegend nach außen schauen – die Bedingungen da draußen.
Wir erzählen uns die Geschichte und so empfinden wir das auch, dass diese Bedingungen da draußen dazu beitragen, dass wir gestresst sind. Wahrscheinlich sind sie sogar dafür verantwortlich.
Und weil wir den Stress nicht fühlen wollen, begeben wir uns häufig in eine Art von Aktivismus – sei es im Denken oder im Handeln. Der zielt nicht wirklich oder nur teilweise darauf ab, das wir uns um Dinge kümmern, die uns wirklich wichtig sind in unserem Leben.
Vor allen Dingen geht es bei unserem Aktivismus darum, uns von dem abzulenken, wie wir uns fühlen.
Und das ist uns häufig gar nicht so klar, aber ein großer Teil des Stresses, den wir in unserem Leben empfinden, hat genau damit zu tun, dass wir in der Gegend rumrennen. Wir zappeln, weil wir uns selbst nicht spüren wollen. Und weil wir das, was wir so allgemein Stress nennen in unserem Leben nicht spüren wollen.
Und da beißt sich die Katze in den Schwanz: Wir wollen den Stess nicht spüren. Deswegen verlieren wir uns in Aktivismus und veranstalten alles mögliche. Doch dieser Aktivismus führt dazu, dass wir noch gestresster werden…
Da werden wir noch intensiver drauf eingehen, wenn wir bei späteren Impulsen über verschiedene Aspekte sprechen, die im Zusammenhang mit Stress eine Rolle spielen.
Ich kann für mich sagen, dass ich mit dem Stressthema vor allem deswegen zu tun habe, weil ich besonders gut darin war und teilweise immer noch bin, anspruchsvolle, angespannte und überspannte Verfassungen in meinem Organismus hervorzubringen.
Und wenn man darin gut ist, dann hat das häufig ebenso mit biographischen Faktoren zu tun wie mit Persönlichkeitseigenschaften und der persönlichen Konstitution.
Und ich war auch sehr gut darin, ständig in irgendeine Form von Aktivismus zu verfallen, herumzuzappeln, um diesen Stress in meinem Leben und in mir nicht spüren zu müssen.
Aber das ist ja auch der Grund, warum ich dieses Seminar anbiete. Der Grund, warum ich überhaupt über diese Themen mit Menschen arbeite: Ich beschäftige mich seit 30 Jahren mit der Frage, was es mit diesem Stress-Thema auf sich hat und was das ganze eigentlich von uns will.
Du hast dich jetzt entschieden, an dieser Lernwerkstatt teilzunehmen. Damit sagst du, ob du dir dessen bewusst bist oder nicht, dass du auch bereit und gewillt bist, genauer hinzuschauen, was es mit dem Stress in deinem Leben eigentlich auf sich hat.
Und vielleicht hast du dir das nicht so ganz, ganz, ganz bewußt und entschlossen gesagt… Vielleicht hoffst du und hast gehofft, ich wäre so nett und würde dir einfach irgendwelche Zaubermittel anbieten, die du nutzen kannst, um den Stress in deinem Leben zu bewältigen und dann wäre alles gut…
Und das ist eine schöne Hoffnung die mich so ein bisschen in die Rolle des Zauberers versetzt. Aber es ist eine Rolle von der ich sagen muss, dass ich die leider nicht ausfüllen kann.
Die Erwartung ist sehr wahrscheinlich unrealistisch.
Das heißt nicht, dass es keine Zaubermittel gibt und das Zaubermittel keine Bedeutung haben, darüber werden wir noch reden, also “Zaubermittel und -tricks” in Anführungszeichen. Aber aus meiner Perspektive geht es bei dem Thema Stress um etwas anderes.
Und ob du dir dessen bewusst warst oder nicht, ist es das worauf du dich hier einlässt. Und es ist das, worum wir uns zum großen Teil in dieser Lernwerkstatt kümmern werden. Da geh ich später noch intensiver drauf ein.
Wenn wir uns Stress genauer anschauen, dann ist das ja auch irgendwie so ein netter kleiner Sprachkarton in den wir Dinge packen können, die wir eigentlich gar nicht so genau wahrnehmen, besprechen und beschreiben wollen. Da geht es um Verfassungen wie Angst oder Gefühle von Überforderung, auch Gefühle von Ohnmacht.
Mit Stress beschreiben wir spannungszustände oder ein Erregungsniveau in unserem Organismus. Wir beschreiben eine Verfassung, die wir, ob wir uns darüber klar sind oder nicht, häufig ausgehend von Problemen, aber vielleicht noch eher und besser, ausgehend von Herausforderungen als unangenehm und belastend empfinden.
Ich wiederhole das noch einmal: Mit Stress beschreiben wir Spannungszustände unseres Organismus und Verfassungen, die wir meist ausgehend von Problemen und Herausforderungen als unangenehm und belastend empfinden.
Das ist der erste Teil von Stressmanagement. der Stress. Und der zweite Teil ist das Thema Management.
Da stellt sich die Frage, wie wir unsere Spannung eigentlich managen, steuern und beeinflussen können. Und tatsächlich gibt es da zwei Möglichkeiten, die den Kern dessen ausmachen, womit wir uns hier beschäftigen werden.
Mit diesen werden wir uns noch näher beschäftigen. Aber bevor wir das tun, möchte ich dich mit auf eine kleine Reise ins Land der gesunden Spannung nehmen. Die gesunde Spannung, die Gerda Alexander, die Begründerin der gleichnamigen, modernen Achtsamkeitspraxis “Eutonie” genannt hat. Und in diesem Land möchte ich einige grundlegende Gedanken über Stress und Spannung mit dir erkunden.