Skip to main content

Indem du auf das Video klickst, lädst du ein Youtube Video auf dieser Seite. Dabei werden automatisch Daten von deinem Computer zu Youtube übertragen.

 

Lieber lesen? Hier die Textvariante:

Dieses Buch nervt. Davon war ich überzeugt, nachdem ich die ersten Seiten des neuen Buchs von Stephen Guise gelesen hatte. Sein Bestseller Mini Habits hat mich wirklich beeindruckt. Doch was hat diesen netten und sensiblen Mann, der sich so schwer mit den Frauen tut, bei seinem neuen Buch geritten? Ich kam beim Lesen nicht richtig in Flow, sondern musste mich eher mühsam durcharbeiten. Was auch daran gelegen haben mag – das muss ich einschränkend zugeben – dass ich es meist spät in der Nacht gelesen habe…

Ich war mir ziemlich sicher, bereits ein Meister der Imperfektion zu sein. Aber warum las ich dieses Buch dann überhaupt? Vermutlich, weil es da einige letzte Zweifel über meine vermeintlich perfekte Imperfektion gab. Und das Buch lehrte mich, dass ich Recht damit hatte. Diese Einsicht kam wir weniger, während ich nach und nach die Erkenntnisse einsammelte, welche das Buch bereithielt, sondern vielmehr hinterher – durch die Veränderung, die ich jetzt wahrnehme. Mit einigem Abstand kann ich mich nur wundern, wie diese zustande kam.

Ich muss davon ausgehen, dass das Buch seinen Effekt auf einem viel weniger bewussten Niveau entfaltet, als ich im ersten Moment dachte. Es erinnert mich ein bisschen an die Konfusionstechnik in der Hypnotherapie, bei der Verwirrung genutzt wird, um hinderliche Selbstkonstruktionen und mentale Prozesse zu destabilisieren und so Neuordnung zu ermöglichen.

imperfectionist-stackNatürlich, wie Titel und Inhaltsangabe verraten, geht es in diesem Buch um die Frage, wie wir ungesunden Perfektionismus ablegen können, um ein erfüllteres Leben zu leben. Und der Autor gibt sich ordentlich Mühe, seine Anregungen auf den Punkt zu bringen. Man kann regelrecht spüren, wie sehr er sich für sein neues Werk ins Zeug gelegt hat. Aber ich fürchte, es gibt drei wesentliche Makel, die sich über den Autor ihren Weg ins Buch bahnen:

Erstens: Der Autor ist besessen von Machen. Er geht nicht so weit, Denken und Reflexion explizit zu diskreditieren, aber er zieht Handeln und Tun dem Denken vor. Natürlich, wir denken alle zu viel… …auf unproduktive Weise. Das Traurige an seiner Schlagsahne, äh, Schlagseite: Mista Guise erkennt nicht wie viel er mit seinen Texten dadurch bewirkt, dass er uns zwischen den Zeilen einlädt, unsere mentalen Modelle umzubauen. Aber vielleicht ist er zu höflich und bescheiden – oder gewitzt – um sich mit diesem subtilen didaktischen Vorgehen zu brüsten.

Zweitens: Er ist besessen von seiner größten Herausforderung: Frauen kennen lernen. Er erklärt mit großer Ausdauer die Anwendung seiner Methoden und Techniken am Beispiel seiner verzweifelten Versuche, Frauen anzubaggern. Ich fühlte mich regelrecht an John Irving und seine Ringer und Bären erinnert, die immer wieder in seinen unterschiedlichen Romanen auftauchen. Irgendwie scheint Guise nicht zu verstehen, dass seine Methoden in vielen Situationen wirkungsvoll sind, während es für andere Situationen Methoden mit größerer Hebelkraft gibt. Wie wäre es zum Beispiel damit, die innere Beziehungskonstruktion im Hinblick auf Perspektive zu verändern? Anders gesagt: Wieso immer durch die Augen der anderen schauen, wenn man auch die eigenen benutzen kann? Warum den freundlichen Rat von Avner The Eccentric, des Clowns ausschlagen, der empfiehlt sich für etwas oder den anderen zu interessieren, statt auf Teufel komm raus interessant sein zu wollen? Aber es ist gut möglich, dass der Autor hier öffentlich mit seinen vermeintlichen Schwächen kokettiert und seine Ungeschicklichkeit dadurch am Leben hält, dass er seine Methoden stoisch auf jede sich bietende Gelegenheit anwendet. Darüber hinaus versucht er sicher Frauen wie Christian Bale oder Taylor Swift flachzulegen…

Zuletzt: Guise ist sich nicht bewusst, wie sehr sein lustiger und selbst-ironischer Stil zum Erfolg seines Bestsellers Mini Habits beigetragen hat. Warum sonst würde er diesen in seinem zweiten Buch über Bord werfen, um eine ziemlich nüchterne Lektüre anzubieten? Aber vermutlich ist meine Leseerfahrung der Tatsache geschuldet, dass ich kein Muttersprachler bin und mir der subtile Humor, der tiefer in der Sprache verborgen liegen muss, entgeht.

Wenn ich ehrlich bin, dann sind diese ganzen kritischen Anmerkungen für die Füße. Ein Luxusproblem wie schmales Lesevergnügen interessiert mich nur am äußersten Rande. Ich beurteile ein Buch weder anhand seines Covers noch anhand seines Inhaltes, sondern bezüglich seiner Wirkung. Dies ist ja auch kein Roman, sondern eine bodenständige Anleitung, wie Sie Ihren Perfektionismus abschütteln können, um leichter zu leben.

Ich muss nicht verstehen, wie Mista SelfDissGuise mir mit seinem Buch von monumentaler Aufschieberitis zu entschlossener Tatkraft verhilft. Es genügt mir vorerst, wesentliche Erkenntnisse in Bezug darauf mitzunehmen, wie ich bisher mit Selbstbild, Erwartungen und Zielen innerlich hantiert habe und welche Alternativen es gibt. Diese Einsichten haben große Kraft, ich wiederhole mich. Deshalb verneige ich mich vor dem Fleiß des Autors und bin doch wenig motiviert oder einfach zu wenig perfektionistisch, um die vielen vorgeschlagenen Übungen dann tatsächlich anzuwenden.

Bleibt mir noch, das Konzept des Imperfektionismus in fruchtbare Beziehung zu einem anderen Konzept zu bringen. San shin. Dem Zen-Geist, der bis ans Ende einer Handlung geht. Die große Frage, die mich rekursiv auch bei der Erstellung dieser Rezension ziemlich intensiv beschäftigt: Wo genau liegt das Ende einer Handlung? Wann ist diese wirklich abgeschlossen? Lange bevor der Perfektionist zur Ruhe kommt, so viel ist sicher …

Seien Sie gewarnt: Dieses Buch ist unkonventionelles Gift. Es wird destruktive Wirkungen auf Ihre unbewussten Selbstsabotagestrategien entfalten. Und könnte Sie dadurch tatsächlich in einen leichtgewichtigen Überflieger verwandeln oder einfach nur in einen ziemlich glücklichen Menschen.

Und darum heißt es heute wie immer….
READ THIS OR WASTE YOUR LIFE!

Get that book now!

Mista Lazy Moe

Author Mista Lazy Moe

More posts by Mista Lazy Moe