Viele klagen über den Winter, die fehlende Sonne und die kalten Temperaturen. Was würden Sie auf die Frage antworten, was man mit einer solch tristen Zeit anfangen soll? Winterschlaf halten?Auswandern? Heulen?
Vielleicht wäre es ein guter Anfang, mehr Zeit im Bett zu verbringen. Um mal wieder zur Ruhe zu kommen, Schlaf nachzuholen oder ein Buch zu lesen. Um mal wieder die Seele baumeln, sich von singenden Halbstarken in der Glotze berieseln und alle Fünfe gerade sein zu lassen. Mit meinen Mädchen habe ich am Sonntag drei Stunden im Bett gelegen und vorgelesen. “Bibi total verknallt.” Eine nette und vor allem spannende Geschichte um intrigante Hexen, Mädchen, die sich verlieben und erst nach heftiger emotionaler Achterbahnfahrt erkennen, dass es wohl doch am besten ist, man selbst zu sein.
Vielleicht wäre es eine gute Idee, die ungefährliche und zeitlich beschränkte Art des Auswanderns zu wählen: einen Kurztripp nach Istanbul, nach Malta oder Südfrankreich. So wie das manche in meinem Bekannten- und Verwandtenkreis zuletzt gemacht haben. Aber stellen Sie sicher, dass Sie lange genug fortbleiben, sonst wird die Kälte bei der Rückkehr noch unerträglicher. Aber es gibt noch entspanntere und billigere Formen des Auswanderns: machen Sie einen Ausflug ins Thermalbad oder in den botanischen Garten. Auch hier machen angenehme Lektüre und inspirierende Begleitung Sinn, im Zweifelsfall sind Alleinsein und Schweigen unterschätzte sowie heitere Kumpanen. Zuletzt bleibt die Kombination aus kompaktem Winterschlaf und abgespecktem Auswandern: DSDS auf Curacao in Blau oder die armen Ausgewanderten in ihren Paradiesen auf der Suche nach der großen Liebe.
Die kleine Schwester der großen Traurigkeit lässt sich allemal aktivieren: Melancholie. Vielleicht ist jetzt die beste Zeit, einer alten Liebe nachzutrauern oder dem Leben, das man eigentlich Leben wollte. Eine gute Idee, weil Sie danach wieder freier und verfügbarer sind, um sich dem Reichtum der Gegenwart zuzuwenden. Vielleicht lohnt es sich, mal Rotz und Wasser zu heulen, um dann anzupacken, was angepackt oder anzubaggern, wer angebaggert werden will. Vielleicht ist dies ein guter Moment, um einsam und frierend durch die Alleen zu wandern. Mit Rilkes Stundenbuch in der Tasche oder einem eigenen Notizheftchen für selbstmitleidige Gedichte, (un)verfrorene Skizzen oder kühle Fragmente eines finsteren Winterthrillers.
Es bleibt eine fundamentale Realität, dass wir mit unserem beschränkten Einfluss auf Wetter, Dinge und Mitmenschen klar kommen müssen. Mit unseren Vorlieben stehen wir meist trotzig in der Landschaft und hadern mit der blöden Wirklichkeit. Doch jeder Moment, der uns mit unseren bornierten Sichtweisen und Vorlieben konfrontiert, ist eine großzügige Einladung des Lebens, unsere falschen, kleinen Geschichten loszulassen, um in der Folge herauszufinden, was die Wirklichkeit hinter der vermeintlich abweisenden Oberfläche tatsächlich zu bieten hat. Und vielleicht ist das eine wundervolle Chance in dieser grauen, kalten und trüben Zeit. Vielleicht können wir die Zeit nutzen, um weiter in unsere Mitte zu kommen, um dann, wie die Bäume, wenn es warm wird, mit strotzender Kraft zu blühen. Vielleicht können wir uns dem zuwenden, was schon so lange liegen geblieben ist und endlich wieder aufgenommen werden möchte: die Träume und Ziele, die uns hier und jetzt in unsere wesentliche Lebensspur rufen.
Bevor Sie vom Gleis springen: Vitamin D
Vielleicht ist es trotz allem ganz gut, bei jeder sich bietenden Gelegenheit das Gesicht in die Sonne zu halten oder sich den Kopf kahl zu scheren, so wie ich, um für optimale Vitamin D Versorgung auch im Winter zu sorgen. Weitere Hinweise zum Zusammenhang zwischen Vitamin D, Gesundheit und Glück auf den folgenden Seiten:
- Spiegel Online: Einfach mal das Gesicht in die Sonne halten
- Die Welt: Vitamin D macht die Menschen glücklich
- Grünes Kreuz: Vitamin D und Depressionen